Die Hamsties Teil 1

Bo lernt die Hamster-Familie kennen

Lest hier die aufregende Geschichte über die Rettungsaktion, die Hund Bo unternimmt, um die Familie Hamstie vor einer Überschwemmung zu retten... Ob es ihm gelingen wird?

Hund Bo und die Hamster
© Bild: Susemie Konschewski

Familie Fröhlich wohnte in einem wunderschönen Haus direkt am Waldrand. Für den Familienhund Bo war das Leben hier ein Paradies. Er konnte den ganzen Tag über im Garten herumschnüffeln und die Rinder, Schafe und Ziegen auf den gegenüberliegenden Koppeln beobachten. Wann immer jemand das Grundstück betreten wollte, bellte er laut und versperrte das Türchen am Gartenzaun. Er nahm seine Aufgabe als Wachhund sehr ernst. Unter seinen Schutz fiel die ganze Familie Fröhlich: Mama und Papa Fröhlich, der Junge Finn und die kleine Josefina.

 

Als er eines Morgens auf seinem Stammplatz an der großen Schiebetür im Wohnzimmer vor sich hin döste, von wo aus er den ganzen Garten im Blick hatte, hatte er plötzlich das Gefühl, etwas aus dem Augenwinkel gesehen zu haben. Er öffnete zunächst nur ein müdes Auge. Vielleicht hatte er sich getäuscht. Es war weit und breit nichts zu sehen. Keine Nachbarskatze, kein Singvogel, kein Eichhörnchen. Die waren immer besonders frech und hüpften auf Futtersuche quer über die Terrasse, obwohl oder vielleicht gerade weil sie wussten, dass ihre Hüpferei Bo sehr aufregte.

 

Er legte den Kopf wieder auf seine Pfoten und dämmerte weiter. Da war ihm, als habe er Geräusche gehört. Aber er konnte sie nicht zuordnen. Ganz leise Stimmen? Jetzt war er aber doch neugierig und stand von seinem Platz auf, um eine bessere Übersicht zu haben. Die Terrasse war leer… oder doch nicht?

 

Als er seinen Blick nach unten senkte, sah er lauter bunte Regenschirmchen. Was hatten die nun zu bedeuten? Einer rot, einer blau, einer gelb, einer pink, einer grün. Nicht größer als ein Cocktailschirmchen. Darunter standen winzige kleine Pelztierchen. Bo kombinierte blitzschnell, dass das bestimmt die Zwerghamster aus dem Garten sein mussten, die im dicht bewachsenen Hang wohnten. Bis jetzt hatte er immer nur einen kurzen Blick auf einen erhaschen können, wenn sie dort herumflitzten. Er machte sich gar keine Mühe, ihnen hinterher zu jagen. Sie waren für ihn ohnehin viel zu schnell und verschwanden bei jeder kleinen Erschütterung flink in einem ihrer zahllosen Höhleneingänge. 

 

Bo fing an zu fiepen und unruhig umherzulaufen. Für seine Menschen war dieses Verhalten das Signal, dass er mal musste und in den Garten gelassen werden wollte. In diesem Fall wollte er zwar etwas anderes. Aber irgendwie musste er ja auf sich aufmerksam machen und sein Ziel erreichen, nach draußen zu gelangen. Finn bemerkte seine Unruhe und fragte ihn: „Musst du mal Bo? Soll ich dich raus lassen?“

Erwartungsvoll sah Bo zu ihm auf und wedelte freundlich mit dem Schwanz. Eigentlich waren die Kinder sehr pfiffig und wussten seine Hundesprache immer richtig zu deuten. Als Finn die Terrassentür zur Seite schob, zwängte Bo sich hinaus und ging zunächst an einen Busch im Garten, um - wie von ihm erwartet – zu pieseln. Dann trödelte er langsam herum, schnüffelte hier und da, bis Finn seine Aufmerksamkeit wieder seinen eigenen Angelegenheiten zuwandte. Bo schlich zurück auf die Terrasse, wo die kleinen Hamster immer noch unter ihren Schirmchen standen und auf ihn warteten. 

 

Bäh. Nieselregen. Jetzt wurde er wegen der Hamster auch noch nass. Er beugte seine lange Schnauze tief zu ihnen herunter und schnüffelte vorsichtig. „Hallo, was macht ihr denn hier?“, fragte er die Hamster.

Der Hamster mit dem roten Schirm trat einen Schritt nach vorne auf ihn zu. „Wir sind Familie Hamstie. Wir brauchen Hilfe.“

Bo war überrascht. Noch nie hatten die kleinen Tiere versucht, Kontakt zu ihm aufzunehmen. Sie waren immer vor ihm geflohen. Er freute sich über ihr Erscheinen. „Wo liegt denn euer Problem?“, fragte er an alle Hamster gerichtet.

Wieder war es der mit dem roten Schirm, der ihm erwiderte: „Unser Bau ist komplett zerstört. Normalerweise reichen die vielen verschiedenen Gänge, die wir buddeln, damit wenigstens der hinterste Teil trocken bleibt. Oder eine zweite Ebene, in die wir uns flüchten können. Durch die starken Regenfälle der letzten Wochen ist auch der letzte Rückzugsgang weggespült. Wir sind quasi obdachlos.“ 

 

Bo dachte kurz nach. Es hatte in den letzten Wochen wirklich extrem viel und heftig geregnet. Er mochte teilweise gar nicht mehr Gassigehen, weil er ständig bis auf die Haut nass wurde, und zog es vor, in der trockenen Stube zu bleiben. Wie mochte dieses unwirtliche Wetter wohl für die Hamster gewesen sein? 

„Wir sind wirklich gute Baumeister“, fuhr der Hamster fort, weil Bo ihm nicht direkt geantwortet hatte. „Aber gegen dieses Wetter haben wir keine Chance. Kannst du uns helfen?“ 

Bo musste kurz nachdenken. Er konnte die Hamster nicht mit rein zu seiner Familie nehmen. Wie hätte er ihnen begreiflich machen sollen, was den Hamstern passiert war und wieso sie eine Weile mit im Haus wohnen mussten? „Mhm…“, sagte Bo, um dem kleinen Hamster zu signalisieren, dass er überlegte. „Vielleicht könnten wir euch erst einmal im Holzschuppen dort drüben unterbringen, bis wir eine Lösung gefunden haben? Dort ist es zumindest trocken, und ihr könnt euch verstecken.“ 

„Das ist eine gute Idee. Danke“, antwortete der Hamster, der offensichtlich der Sprecher der Gruppe war. „Wir wussten, dass du ein netter Zeitgenosse bist.“ 

Bo, der sich selbst eher als Wachhund und Beschützer betrachtete, wusste nicht recht, ob er sich über dieses Kompliment freuen sollte. Nett wollte er auf die anderen Tiere eigentlich nicht wirken. Eher respekteinflößend oder kühn.

 

Während er die Familie Hamstie durch den Regen, der immer stärker wurde, zum Holzschuppen geleitete und ihnen zeigte, wo sie sich am besten einrichteten, um nicht entdeckt zu werden, überlegte er weiter, wie er helfen konnte. Am nächsten Tag kam der Nachbarskater Garfield vorbei, ein eingebildeter Kerl mit buschigem Schwanz und ungepflegtem Fell, der völlig respektlos über Bos Grundstück spazierte und dabei überall seine Duftmarken hinterließ. Bo winkte ihn herbei. 

 

„Was willst du denn von mir?“, fragte Garfield ihn schnippisch. „Sonst willst du auch nichts von mir wissen und jagst mich von deinem Grundstück.“

Bo legte sich vor dem Kater ab, um auf einer Augenhöhe mit ihm zu sein. „Ja, ja. Ich weiß. Aber ich habe hier einen echten Notfall.“

Er schilderte dem roten Kater mit den leuchtend grünen Augen die Situation der Familie Hamstie. Er bat Garfield nicht nur um seine Hilfe beim Wiederaufbau des Hamsterbaus sondern auch ausdrücklich um seine Zurückhaltung, was die Jagd anging. Er sollte die Familie Hamstie verschonen. Bo hatte sie unter seinen persönlichen Schutz gestellt und hoffte, dass das den Kater genug beeindrucken würde, um sie in Ruhe zu lassen. „Nachdem wir das geklärt hätten…“, murrte der Kater, „Was willst du denn jetzt konkret von mir?“ 

 

Sobald es einige Tage trocken blieb, trommelten Garfield und Bo die gesamte Tierbevölkerung der Umgegend zusammen. Während die beiden die Aufsicht über das Bauprojekt über-nahmen, halfen Waschbären, Eichhörnchen, Spitzmäuse und viele andere Tiere beim Graben und Befestigen. Alle packten fest mit an. Familie Hamstie selbst war am eifrigsten dabei. Der Bau wurde an eine strategisch günstigere Stelle verlagert, an der das Wasser vorbei lief statt direkt über den Hang. Blattwerk und Äste, die im Bewuchs des Hangs befestigt wurden, verschafften ein zusätzliches Schutzdach. Am wichtigsten waren die Schling- pflanzen, die die Tiere mit großer Mühe einbauten, um die Stabilität zu verbessern. 

 

Für den Innenausbau waren die kleineren Tiere verantwortlich. Denn was hätte es genutzt, wenn Bo mit seinen großen Hundepfoten Tunnel gegraben hätte, die für die kleinen Hamster viel zu groß gewesen wären? Selbst die Löcher, die Garfield und seine Katzenkumpel gruben, erwiesen sich als zu geräumig. Bo hätte es ja brennend interessiert, wie es im Innern des Baus aussah. Aber bis dahin konnte er mit seiner langen Schnauze und seinem großen Kopf nicht vordringen. 

 

Es dauerte einige Tage, bis sie ihre Arbeit vollendet hatten. Bis dahin wohnte Familie Hamstie im Holzschuppen der Fröhlichs. Bo achtete peinlich genau darauf, sich nicht zu auffällig zu verhalten und die Familie nicht auf die scheuen Hamster aufmerksam zu machen. Zu ihrem eigenen Schutz. Er wusste zwar, dass sie tierlieb waren. Er wusste aber nicht, wie sie auf ungebetene Gäste zwischen ihren Winter-Holzvorräten reagieren würden. 

 

„Hier bist du also“, hörte er eine Stimme hinter sich. Er duckte sich schuldbewusst und setzte seinen treusten Hundeblick auf. Vor ihm stand Josefina, das kleine Mädchen der Familie. „Ich habe mich schon gewundert, wieso du freiwillig bei diesem Wetter nach draußen gehst und was du hier die ganze Zeit über treibst.“ Bo versuchte, sie rückwärts wieder aus dem Schuppen zu drängen, bevor sie die Hamster entdecken konnte, die wie erstarrt stehen geblieben waren. Aber Josefina war ein cleveres Mädchen und ahnte, dass Bo nicht ohne Grund so viel Zeit im und um den Schuppen herum verbrachte. Gerade hatten sie ihre Arbeit beendet und bereiteten den Umzug in das neue Hamster-Heim vor. Sie waren so kurz vor dem Ziel! 

 

Josefina kniete sich neben Bo, um ihn zu streicheln. Dabei entdeckte sie natürlich die kleinen Tiere. „Oh, wie süß“, rief sie. Bo blickte sie schuldbewusst an und ärgerte sich wieder einmal, dass er nicht einfach mit seinen Menschen sprechen konnte und auf diese Art „Zeichensprache“ angewiesen war. 

„Wer seid ihr denn?“ fragte Josefina die Hamster. Die waren immer noch sehr zurückhaltend, obwohl sie gleich merkten, dass von dem Mädchen keine Gefahr für sie ausging. Josefina forschte weiter und entdeckte das kleine Übergangs-Heim der Familie. 

„Wohnt ihr hier?“ fragte sie weiter, ohne eine Antwort von einem der Tiere zu erwarten. „Wohnt ihr nicht eigentlich in unserem Hang?“ Bo ergriff die Chance und führte Josefina zum zerstörten Hamsterbau. 

„Ach, du liebe Güte! Euer Zuhause ist ja völlig kaputt!“, rief sie. „Oh je, was machen wir denn jetzt mit euch?“ 

Bo stupste das Mädchen vorsichtig an und wedelte aufgeregt mit dem Schwanz. Er ging zu der Stelle, an der sie den neuen Bau errichtet hatten. Natürlich konnte man von außen bloß die Eingänge und endlosen dunklen Tunnel sehen. Josefina blickte ihn erstaunt an. „Habt ihr das gebaut? Das ist ja der Wahnsinn!“ 

 

Bo hielt es für die perfekte Gelegenheit, die Familie Hamstie umzusiedeln. Einer nach dem anderen verschwanden sie in den Gängen. Die kleinen Schirmchen zusammengefaltet, ihr Hab und Gut in kleinen Bündeln auf dem Rücken. Es war nicht viel gewesen, was sie hatten retten können. Josefina beobachtete die Tiere still und ergriffen. 

Der Hamster, der den roten Schirm getragen hatte, blieb als letzter draußen. „Danke für alles Bo. Du hast uns wirklich sehr geholfen.“ Bo winkte ab: „Ach, das war doch nicht der Rede wert.“ 

Der Hamster bestand darauf: „Doch, das war wirklich toll von dir und deinen Freunden.“ 

„Bitte, gern geschehen“, antwortete Bo. Aus dem Augenwinkel sah er den roten Kater Garfield, der auf einem abgesägten Holzstumpf lag und sie beobachtete. 

„Wir sehen uns bald wieder“, sagte der Hamster. „Spätestens, wenn das Wetter besser wird.“ 

„Vorräte habt ihr ja bis dahin genug“, lachte Bo, der über die Sammelwut der kleinen Tiere gestaunt hatte. 

 

Als auch der letzte Hamster verschwunden war, ging Bo mit Josefina zurück ins Haus. Er wusste jetzt, dass er seine Familie unterschätzt hatte. Beim nächsten Notfall würde er die Hamster einfach mit zu sich nach Hause nehmen! Die Fröhlichs würden ihn bestimmt verstehen und ihnen helfen.



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