Die Gürbels - Teil 2

Jonas war sich sicher, dass sein Gürbel „defekt“ war. Dabei war er einer der ersten unter seinen Mitschülern mit einem Gürbel gewesen. Wenn er aber all die großartigen Geschichten hörte, die die anderen mit ihren Gürbels erlebten, bestätigte ihn das in seiner Annahme erst recht. Sein Gürbel, auch wenn er mit Abstand der hübscheste von allen war mit seinem pechschwarzen Fell, das in der Sonne glänzte, als wäre es mit Öl eingerieben worden, zauberte nie mit Sinn und Verstand. Auch die anderen Kinder erzählten ihm, dass sie die Erfüllung ihrer Wünsche nicht immer gleich nachvollziehen konnten, aber mit etwas Nachdenken kamen sie doch meist dahinter, was sich ihr kleines Haustier bei seinem Zauber gedacht hatte. Jonas hatte sich nie etwas Materielles oder Eigennütziges von seinem kleinen schwarzen Freund gewünscht, da es sich schnell herumgesprochen hatte, dass die Gürbels solche Wünsche nicht erfüllten. Trotzdem ging die Magie im Hause seiner Familie ganz irrwitzige Wege.

 

Sie wohnten ganz am Rande der kleinen Stadt auf einem Hof mit vielen Tieren. Jonas` Eltern waren Landwirte, die von früh bis spät hart arbeiteten und wenig Zeit hatten, sich um Jonas und seine beiden älteren Brüder zu kümmern. Die älteren Brüder halfen nach der Schule ebenfalls bei der Arbeit auf dem Hof. Nur Jonas hatte noch die Zeit, sich nach den Schularbeiten, manchmal auch ohne sie gemacht zu haben, mit den Tieren auf dem Hof die Zeit zu vertreiben. Deshalb war es ihm sofort aufgefallen, als in der Scheune aus einer Ecke im Stroh eines Tages ein leises Geraschel zu hören gewesen war. Sofort hatte er an Mäuse oder Ratten gedacht und nachgesehen, denn auf dem Hof waren sie nicht selten. Stattdessen blickte er in die Augen des kleinen schwarzen Gürbels, der reichlich schmächtig geraten war, aber bildschön, weil er so zartgliedrig war und besonders weiches Fell hatte.

 

Als Jonas auf ihn zuging, ertönte ein leises „Hatschi!“. Der Gürbel schüttelte sich wild, während er nieste. Seine Augen färbten sich purpur, sein Schwänzchen fing an zu zucken, und die Scheune wurde in ein goldenes Licht getaucht, das ihn fast blendete. Du liebe Güte, dachte er, was war bloß mit dem kleinen Kerl los? Vielleicht hatte er sich erkältet? Der Gürbel stellte sich auf seine Hinterpfoten und putzte sich das Schnäuzchen sauber. Das goldene Licht erlosch mit dem Purpurglanz in seinen Augen. Plötzlich wurde es ganz still in der Scheune. Der Gürbel sah Jonas ermattet an. Er nahm ihn kurz entschlossen auf den Arm und mit ins Haus. So konnte das ja nicht weitergehen mit der armen kleinen Kreatur. Er kannte sich mit kranken Tieren aus. Sie brauchten viel Pflege... 



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Die Gürbels II
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